In vielen wärmeren Regionen ist es üblich, dass ein Gastgeber zunächst einmal Wasser anbietet und anschließend fragt, was der Gast denn trinken mag. Wasser, so ist es in heißen Ländern selbstverständlich, ist ein Grundnahrungsmittel, während andere Getränke dem Genuss dienen.
Doch der Zugang zu sauberem und somit bedenkenlos genießbarem Wasser ist nicht überall gewährleistet. In Deutschland und in der EU regelt die Trinkwasserverordnung verbindlich die Qualität von Leitungswasser. Die Versorgungsunternehmen bezeichnen ihr Wasser darum als das am besten kontrollierte Lebensmittel. Längst propagieren sie, Leitungs- statt Mineralwasser zu trinken und weisen auf den ökologischen Nutzen hin, den das „Kraneberger“ gegenüber Brunnenwasser habe. In der Tat unterliegt Leitungswasser erheblich strengeren Vorschriften als Mineralwasser. Und es muss weder in Plastikflaschen abgefüllt noch über weite Strecken transportiert werden.
Blei, Gifte und Mikroplastik: Das regelt die Trinkwasserverordnung
Seit dem Jahr 1998 regelt die EU-Richtlinie über die „Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“ (98/83/EG), welche Stoffe in welcher Konzentration im Leitungswasser vorhanden sein dürfen. Die deutsche Trinkwasserverordnung geht in Teilen noch über die EU-Richtlinie hinaus, insbesondere in Bezug auf die gewerbliche Nutzung von Trinkwasser oder das verfügbare Wasser in öffentlichen Gebäuden.
Doch mehr als 30 Jahre später sind neue potenzielle Gefahrenstoffe identifiziert worden, für die es gar keine Grenzwerte gibt. Feinere Messmethoden erlauben zudem genauere Überprüfungen. Unter anderem deswegen soll die in die Jahre gekommene EU-Richtlinie nun modernisiert werden.
Die Initiative zur neuen Verordnung ging allerdings nicht vom EU-Parlament aus. Vielmehr entstammt das Vorhaben einer Petition der Initiative „Right2Water“, die europaweit 1,9 Millionen Unterstützer fand — davon allein rund eine Million aus Deutschland. Tenor der Petition: „Sauberes Wasser für alle Europäer!“
Im Trilog zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und Vertretern der Mitgliedsstaaten wurden einige der Forderungen zwar aufgeweicht. Am Ende des Prozesses wird aber eine Neuregelung stehen , die weit strenger ist als die bislang geltende Richtlinie. Im Vordergrund der neuen Regelung stehen ökologische und gesundheitliche Aspekte sowie der Wille, allen EU-Bürgern freien Zugang zu sauberem Wasser zu gewährleisten.
Der Blei-Grenzwert soll auf fünf Mikrogramm je Liter halbiert werden, erstmals überhaupt soll es Grenzwerte für das von der europäischen Chemikalienagentur als besonders besorgniserregend eingestufte Bisphenol-A geben. Diese Substanz kommt etwa in Plastikflaschen vor und steht im Verdacht, im Körper hormonell zu wirken. Auch auf weitere ähnliche Substanzen soll das Wasser zukünftig getestet werden.
Mittels einer „Watchlist“ sollen Wasserversorger außerdem verpflichtet werden, die Konzentration von Stoffen im Wasser zu messen, deren Gefahrenpotenzial wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt ist, beispielsweise Mikroplastik.
Nach Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung sollten alle Bürger die Gewähr haben, in jedem EU-Land Trinkwasser von gleicher – hoher – Qualität nicht nur bekommen zu können, sondern auch tatsächlich zu erhalten. Vorbei wären die Zeiten, da Touristen davor gewarnt werden, beispielsweise in den Balkan-Staaten rohe Salate zu essen oder Leitungswasser zu trinken. Denn dass die Situation trotz bereits gültiger Vorschriften nicht so gut ist, wie sie sein müsste, zeigt eine Aufstellung des amerikanischen Online-Buchungsportals Globehunters, basierend auf Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC. Demnach ist es in 187 Ländern und Regionen der Erde nicht gut um die Sauberkeit des Leitungswassers bestellt. Lediglich in 57 Ländern sei der Genuss bedenkenlos möglich.
Mit der besseren Qualität des Wassers soll auch die Verfügbarkeit gesteigert werden. Die EU-Parlamentarier wollen gemäß der Petition von Right2Water mehr öffentliche Wasserspender einrichten, wie sie beispielsweise in den USA gang und gäbe sind. Einerseits spielt dabei der soziale Aspekt eine gewichtige Rolle, andererseits wäre es ein ökologischer Schritt, wenn Menschen an heißen Tagen keine Wasserflaschen mitnehmen müssten, weil sie im öffentlichen Raum ein Netz aus Wasserstellen vorfinden.
So wird es bereits seit 2012 in den Niederlanden umgesetzt. Damals hatte die dortige Regierung beschlossen, in allen Orten öffentliche Wasserspender einzurichten. Auch hier aus ökologischen und gesundheitlichen Gründen. Denn wer gratis Wasser haben kann, so das Kalkül, der trinkt weniger gezuckerte Softdrinks.
Bis es EU-weit soweit ist, wird jedoch noch viel Wasser von unterschiedlicher Qualität durch europäische Hähne fließen. Die neueEU-Trinkwasserrichtlinie wird voraussichtlich im Frühjahr 2022 in Kraft treten. Danach muss sich noch von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Das dauert erfahrungsgemäß Jahre.
www.dnr.de/eu-koordination/eu-umweltnews/2019-wasser-meere/triumphaler-trilog-zum-trinkwasser/
www.tagesschau.de/ausland/trinkwasser-eu-101.html
www.dvgw.de/themen/wasser/wasserqualitaet/trinkwasser-richtlinie/
www.deutschlandfunk.de/neue-grenzwerte-fuer-schadstoffe-trinkwasser-in-europa-soll.697.de.html
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